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Eröffnungsrede 2011 Politik gegen Hunger IX, 2011

Eröffnungsrede der Konferenz

Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Gerd Müller. © BMELV
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Gerd Müller. © BMELV

Redner: Herr Dr. Gerd Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Es gilt das gesprochene Wort!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen unserer Ministerin, Frau Aigner, heiße ich Sie alle herzlich willkommen zur diesjährigen Konferenz "Politik gegen Hunger". Ich freue mich natürlich, dass so viele herausragende internationale Teilnehmer aus der ganzen Welt heute hierher in dem Weltsaal des Auswärtigen Amtes gekommen sind. Mein herzlicher Dank an Herrn Außenminister Westerwelle, der damit auch diese Bedeutung unterstreicht, die Bundesregierung steht hinter dieser Konferenz. Herr Freiherr von Ungern-Sternberg, herzlichen Dank für die Gastfreundschaft.

Der Titel unserer Konferenz lautet "Ernährungssicherung und Zugang zu natürlichen Ressourcen." Das Recht auf Nahrung ist ein Menschenrecht. Selbstverständlich, es ist elementar und wir sind diesem Grundrecht weltweit verpflichtet. Meine Damen und Herren, die Diskussion um die Einlösung dieses Grundrechtes muss einen anderen Stellenwert einnehmen in all unseren Ländern. Es ist inakzeptabel, dass wir bei der Problemlösung weltweit nicht schneller und besser vorankommen. Das Ernährungsproblem ist eine tägliche Überlebensfrage für nahezu einer Milliarde Menschen. Und wenn man sich die Tagesordnungen der nationalen und internationalen Politik, auch die Zeitungen und Presse ansieht, dann fragt man sich: "Über was diskutieren wir? Über was regen wir uns häufig auf?" Das ist aber die Überlebensfrage für eine Milliarde Menschen täglich.

Lassen Sie mich einen Blick auf die aktuelle Lage der Welternährung werfen:

  • Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) leiden gegenwärtig weltweit ca. ein Milliarde Menschen an Hunger oder chronischer Unterernährung,
  • Vor wenigen Tagen wurde der siebenmilliardste Mensch geboren und die Dynamik der Weltbevölkerungsentwicklung setzt sich fort,
  • Prognosen der FAO zufolge muss die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um nahezu 70 Prozent gesteigert werden.

Diese Zahl sollten wir uns einmal überlegen, wenn wir heute Nachmittag in den Foren diskutieren. Von sieben Milliarden auf neun Milliarden Menschen steigt die Weltbevölkerung und dies insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent. Auf der anderen Seite nehmen die Ressourcen an nutzbarem Boden und Wasser ab. Und deshalb stellt sich die Frage: Wie lösen wir diese Probleme bis 2050? Voraussichtlich zwei Milliarden Menschen mehr auf der Welt bei weniger Fläche und eine Milliarde, die wir heute schon nicht ausreichend ernähren können. Darüber hinaus steigt die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln, insbesondere in den Schwellenländern gewaltig.

Gleichzeitig sorgen Klimawandel und damit einhergehende Naturkatastrophen immer häufiger für große Ernteeinbußen. Beim Stichwort: Ernteeinbußen, auch darauf werden Sie bei den Antworten und Strategien sicherlich zu sprechen kommen – ist heute schon ein großes Problem umschrieben.

In Afrika aber auch in Indien haben wir bis zu 50 Prozent Nachernteverlust. Es wären und sind genügend Potenziale vorhanden in der Produktion an Lebensmitteln. Wir müssen auch diese Frage in den Fokus stellen: Wie lösen wir die Frage der Ernteverluste? Das sind Infrastrukturfragen, Logistikprobleme, aber auch die Fragen der Entwicklung einer Verarbeitungsindustrie, die Entwicklung regionaler und lokaler Märkte.

Meine Damen und Herren, schließlich beeinflussen Wirtschafts- und Finanzkrisen die Weltmarktpreise und hier haben wir in den vergangenen Jahren den Fokus gesetzt. Die Agrarminister, allen voran Frau Ministerin Aigner, haben dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Der G20-Gipfel hat sich mit Strategien zur Eindämmung der Spekulationen der weltweit auf dem Nahrungsmittelsektor nicht nur beschäftigt, sondern auch Maßnahmen beschlossen. Und das zeigt, dass wir nicht nur reden und Konferenzen abhandeln, sondern auch wichtige Schritte vorankommen.

Der Druck auf die Ressourcen steigt durch Nutzungskonkurrenz, Deutschland sagt nein zur Kernenergie und möchte diesen Anteil der Energieversorgung mit nachwachsenden Energien versorgen – und da sind wir in der Frage der Nutzungskonkurrenz: Machen uns dies andere Länder der Welt nach? Ein "Nein" zur Kernenergie und ein verstärktes "Ja" zur Nutzung von Bioenergie? Dann stellt sich diese Frage noch stärker wie bisher. Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, aber wir stellen uns dieser Herausforderung. Wir brauchen weltweit einen neuen grünen Aufbruch. Die Probleme sind zu lösen.

Mit einer besonderen Aufmerksamkeit für die Entwicklung nachhaltiger Strukturen in der Landwirtschaft. Das ist ein für uns ganz verständlicher Satz. Nur gehen Sie in viele Länder Afrikas aber auch Asiens und diskutieren dies mit den Regierenden, dann wissen Sie, dass es dort nicht die gängige Politik ist. Wir brauchen eine besondere Aufmerksamkeit für die Landwirtschaft, auch und insbesondere in Afrika. Ich sage dies bewusst, auch angesichts vieler Gäste aus afrikanischen Ländern.

Meine Damen und Herren, die nächsten 20 Jahre, wenn Sie sich die Bevölkerungsprognosen der einzelnen Staaten anschauen, ist der afrikanische Kontinent der Wachstumskontinent schlechthin. Wir brauchen eine Neubewertung der ländlichen Entwicklung, wir brauchen eine Neubewertung der Fragen der Ausbildungs- und Bildungskompetenz. Ausbildung im und gerade im Bereich der ländlichen Berufe, der Landwirtschaft.

Meine Damen und Herren, wir benötigen angepasste und nachhaltige Produktion, das heißt wir brauchen modernen, neuen Saatguteinsatz. Wir brauchen Nachhaltigkeit im Bereich Pestizid- und Herbizidpflanzenschutzeinsatz. In der Frage der Bodenbearbeitung, die Frage der Erusion, die Frage des Ressourcenschutzes. Ich könnte weiterführen, aber es zeigt bereits, dass Landwirtinnen oder Landwirte heute zu sein heute nicht mehr ohne Ausbildung, ohne Kompetenz geht. Die Antwort auf die Lösung der Probleme sind wir, davon bin ich zutiefst überzeugt. Die beginnt zunächst im Kopf, in der Hand, in den Fertigkeiten, in der Ausbildung. Wir brauchen – und das BMELV fördert solche Projekte – die Verstärkung von Kooperationsprojekten. Wir haben in der Bundesregierung dazu ein abgestimmtes Vorgehen der beteiligten Ministerien. Ich nenne unser neuestes Projekt in Äthiopien. Wir setzen hier ganz bewusst auf Ausbildungspartnerschaften Musterbetrieben, wo wir all diese Techniken und Formen nachhaltiger Landwirtschaft mit den Bäuerinnen und Bauern vor Ort praktizieren wollen. Nicht nur reden, auch tun – ganz konkret in praktischen Beispielen.

Und wir brauchen eine Verstärkung der internationalen Agrarforschung. Es gibt Wissenschaftler, die nicht zu unrecht darauf hinweisen, dass wir uns viele Jahrzehnte vielleicht all zu stark auf Reis und Weizen konzentriert haben. Die internationale Agrarforschung, auch angesichts der Veränderungen im Zuge des Klimawandels, muss sich breiter aufstellen und verdient Verstärkung auch in der Ausstattung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Rolle dieser Konferenz, wir wollen mit Ihnen weitere Impulse setzen, wir wollen einen konkreten Beitrag leisten zum aktuellen Prozess. Und ich freue mich deshalb, dass es uns gelungen ist, wiederum Herrn Alexander Müller als Vorsitzenden der Konferenz gewonnen zu haben. Und ich freue mich, dass es uns gelungen ist, nicht nur Sie als herausragende Gäste zu begeistern und zu gewinnen,  sondern sowohl auf dem Eröffnungspodium als auch heute Nachmittag in den vier verschiedenen Arbeitsgruppen mit international anerkannten Fachleuten, Expertinnen und Experten die Fragen diskutieren, zu einer Zusammenfassung kommen und all diese Themen und Vorschläge in die konkrete Politikgestaltung einbringen werden.

In diesem Sinne, wünsche ich der Konferenz viel Erfolg und alles Gute hier in Berlin. Dankeschön.

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