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Abschlussrede 2011 Politik gegen Hunger IX, 2011

Abschlussrede der Konferenz

Staatssekretär Dr. Robert Kloos. © BMELV
Staatssekretär Dr. Robert Kloos. © BMELV

Redner: Herr Dr. Robert Kloos, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

beste Grüße von Bundesministerin Aigner, die im Deutschen Bundestag bei wichtigen Abstimmungen gebraucht wird. Ich darf Ihnen versichern, dass Bundesministerin Aigner Ihre Arbeit, die Sie hier geleistet haben, sehr zu schätzen weiß.

Zwei volle, intensive Arbeitstage liegen hinter Ihnen. Zwei Tage, in denen Sie gemeinsam diskutiert, Ihre unterschiedlichen Ideen und Vorstellungen zusammen gebracht und mit Konferenzempfehlungen zu einem sichtbaren Ergebnis gegen den Hunger auf dieser Welt gekommen sind. Dafür danke ich Ihnen herzlich!

Heute geht die neunte Konferenz "Politik gegen Hunger" hier in Berlin zu Ende. Regierungsvertreter und Vertreter aus internationalen Organisationen , Wissenschaftler und vor allem Vertreter von Kleinbauernorganisationen und Nichtregierungsorganisationen aus Ländern des Südens waren mit von der Partie. Die starke Präsenz von Akteuren vor Ort ist ein Markenzeichen unserer Konferenzreihe und gleichzeitig ihr Erfolgsrezept.

Denn nur wenn man miteinander und nicht übereinander spricht, kann man gemeinsam zum Ziel kommen. Unser gemeinsames Ziel ist es, das Recht auf Nahrung umzusetzen und zu erfüllen. Nach wie vor leiden zu viele Menschen an Hunger und Unterernährung.

Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. 2050, so Schätzungen, werden 9 Milliarden Menschen auf dieser Welt leben. Dabei wollen wir alle uns, und unsere Kinder und Kindeskinder, ausreichend und bedarfsgerecht ernähren können. Hier stehen wir vor einem Dilemma: Einerseits muss für diesen wachsenden Bedarf die landwirtschaftliche Produktion nachhaltig gesteigert werden, andererseits stehen uns nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung.

Der sichere und gerechte Zugang zu Boden, Wasser, Fischgründen, Wäldern und genetischen Ressourcen ist in meinen Augen einer der Schlüssel für eine nachhaltige Ernährungssicherung.

Sie wissen, dass sich Bundesministerin Aigner im Oktober für einen raschen Abschluss der Verhandlungen zu den "Freiwilligen Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern" und einer Annahme im Welternährungsausschuss eingesetzt hat. Doch die Zeit war noch nicht reif.

Wir werden dieses Ziel aber auch weiter intensiv verfolgen. Und bin froh, dass die Konferenz von dem Geist getragen wurde, dass die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden müssen.

Mich hat stark beeindruckt, wie engagiert sie darüber diskutiert haben, wie der Verhandlungsprozess gefördert werden kann. Eines ist dabei deutlich geworden:  Wir müssen diesen Prozess auf eine breite Basis stellen. Denn wir alle sind uns einig: die Freiwilligen Leitlinien sind wichtig. Für viele Menschen sind sie sogar überlebenswichtig. Sie sind eine konsequente Fortentwicklung der Freiwilligen Leitlinien zum Recht auf Nahrung .

Aber die Freiwilligen Leitlinien dürfen nicht nur bedrucktes Papier bleiben: Nein, wir alle müssen uns dafür verantwortlich fühlen, diese Leitlinien umzusetzen: Akteure der internationalen und nationalen Ebene genauso wie Akteure der regionalen und lokalen Ebene.

Bei der Umsetzung der Leitlinien müssen die kulturellen Eigenheiten und spezifische Situationen berücksichtigt werden. Dabei liegt es in der Verantwortung der Regierungen, Rechtstaatlichkeit, Demokratie und Menschrechte durchzusetzen.

Die internationalen Organisationen, die hier vertreten sind, wie FAO, OECD, aber auch die Weltbank und andere, sind aufgefordert, die erforderliche Unterstützung zu leisten. Wir begrüßen, das große Engagement der UN High Level Task Force on Global Food Security Crisis, so wie es auf dieser Konferenz deutlich wurde.

Denn der sichere und gerechte Zugang zu natürlichen Ressourcen ist auch unter einem anderen Gesichtspunkt bedeutsam: Sichere und gut verwaltete Nutzungsrechte machen Länder und damit die Menschen vor Ort weniger anfällig für Krisen.

Private und öffentliche Investitionen in der Landwirtschaft sind für die Ernährungssicherheit unerlässlich. Wir brauchen nachhaltige Investitionen, die Arbeit und Einkommen vor Ort schaffen und einen Beitrag zur Nahrungssicherheit leisten. Die großflächigen Landinvestitionen, das sogenannte "Land grabbing", betrachte wir daher mit großer Sorge.
Es darf nicht sein, dass bei diesen Landinvestitionen die formellen und informellen Rechte von

  • Kleinbäuerinnen und Kleinbauern,
  • Landarbeiterinnen und Landarbeitern,
  • indigenen und Nomadenvölker,
  • Fischergemeinden
  • und in all diesen Gruppen insbesondere von Frauen

verletzt werden!

Die lokale Bevölkerung darf nicht der Verlierer sein! Private Investoren müssen die Menschenrechte und die Landrechte der Lokalbevölkerung respektieren! Gerade bei Investitionen in die Landwirtschaft ist es wichtig, dass diese in eine verbesserte Aus- und Weiterbildung im Agrarbereich eingebettet sind.

Mein Ministerium unterstützt zum Beispiel in Äthiopien die Errichtung eines landwirtschaftlichen Weiterbildungszentrums. Diese Initiative wurde mit Hilfe deutscher Unternehmen der Landtechnik und der Pflanzenzucht aufgebaut. Sie soll zeigen, wie moderne Technologie, die an die Verhältnisse vor Ort angepasst ist, Erträge steigern kann.

Aber solche langfristigen und nachhaltigen Investitionen lohnen für den Investor nur dann, wenn die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen vor Ort auch stimmen.

Dies liegt in der Verantwortung der jeweiligen Regierung. Die Freiwilligen Leitlinien können hier als Orientierung dienen und Unterstützung bieten. Auch deshalb müssen sie jetzt rasch verabschiedet werden.

Sie haben die Fragen des Zugangs zu Land und zu Wasser auf dieser Konferenz unter einem Gesichtspunkt diskutiert, der uns besonders am Herzen liegt: die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen. Frauen spielen für die Ernährungssicherung eine immens wichtige Rolle.

In Afrika sind 70 Prozent der Kleinbauern Frauen. Doch diese Frauen besitzen nur einen Bruchteil des Landes.  Wenn Frauen den gleichen Zugang zu Ressourcen in der Landwirtschaft erhalten wie Männer, könnte die landwirtschaftliche Produktion deutlich gesteigert werden. Schätzungen der FAO besagen, dass allein dadurch die Zahl der Hungernden um 100 Millionen reduziert werden könnte. Ich teile Ihre Ansicht, dass die Rechte der Frauen gestärkt werden müssen:

Zum Beispiel:

  • in Landgesetzen
  • im Erb- und Familienrecht
  • bei der Kreditgewährung
  • und Investitionsvorhaben

Gleichzeitig müssen ihr Rechte wirksam geschützt werden. Gerade bei Investitionen in Land und Landwirtschaft sind es häufiger Frauen, die benachteiligt werden. Das muss sich ändern.

Lassen Sie mich auch auf die weiteren Konferenzthemen kurz eingehen: Der Zugang zu Wasser ist für die landwirtschaftliche Produktion essentiell; aber auch für Viehhirten ist er von zentraler Bedeutung.  Rechte von Kleinbauern und marginalisierten Gruppen müssen daher in der Land- und Wassernutzungsplanung abgesichert werden. Sie müssen ihre Interessen, und das nicht nur bei Planungen- einbringen können. Dazu braucht es eine starke Selbstorganisation.

Eine solche Selbstorganisation ist auch für wichtig für Kleinfischer. Ihre Rolle für die Armutsbekämpfung wird zunehmend anerkannt. Sie ist jedoch noch besser in nationale, regionale und internationale Politiken einzubinden. Deshalb ist die Initiative des FAO-Ausschuss für Fischerei zur Erarbeitung Freiwilliger Leitlinien zum Schutz der Kleinfischer von zentraler Bedeutung.

Ein weiteres Thema in den Arbeitsgruppen war der Zugang zu Wald.

2011 ist das internationale Jahr der Wälder. Wälder haben eine sehr vielfältige Funktion und sie verdienen unseren Schutz. Ich teile aber Ihre Einschätzung, dass Wälder auch für die Ernährungssicherung elementar sind. Dieser Aspekt muss meines Erachtens in internationalen Prozessen stärker in den Fokus rücken. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung muss auch der Ernährungssicherung der im und vom Wald lebenden Menschen Rechnung tragen. Der Schutz der Wälder darf eine nachhaltige Nutzung für die Ernähungssicherung nicht ausschließen.

Eine wesentliche Grundlage für die Sicherung der Welternährung ist der Erhalt der Vielfalt unserer Nutzpflanzen. Unsere Kulturpflanzen müssen fortlaufend angepasst und verbessert werden, damit sie den Herausforderungen von Klimawandel und wachsender Weltbevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes gewachsen sind. Gleichzeitig muss die Vielfalt lokaler Sorten erhalten bleiben.

Diese haben häufig Eigenschaften wie Trockentoleranz und Schädlingsresistenz, auf die wir nicht verzichten können. Darüber hinaus brauchen lokale Kleinbauern und Züchter einen sicheren Zugang zu den pflanzengenetischen Ressourcen. Wir unterstützen deshalb die globale Umsetzung des Internationalen Vertrages für Pflanzengenetische Ressourcen.

Über die eben genannten Themen haben Sie in den letzten Tagen intensiv diskutiert. Die Empfehlungen, die Sie mir überreicht haben, sind die Quintessenz dieser Diskussionen. Vielen Dank dafür!
Sie werden die Leitlinien mit Leben füllen. Aber auch für die Arbeit eines jeden von uns werden die Empfehlungen wertvoll und wichtig sein.

Wir danken dem französischen G20-Vorsitz, dass er sich der Thematik Land angenommen hat und die Freiwilligen Leitlinien in dem G20-Abschlussdokument verankert haben.

Sie sind ein wichtiger Schritt auf den Weg nach Rio – Rio+20.

Der nächste wichtige Schritt auf diesem Weg ist nun das Global Forum for Food and Agriculture. Im Rahmen des GFFA lädt Bundesministerin Aigner jedes Jahr im Januar Agrarministerinnen und Agrarminister aus aller Welt nach Berlin ein.

Mit Blick auf Rio+20 werden wir uns mit dem Thema "Ernährungssicherung durch nachhaltiges Wachstum - Landwirtschaftliche Nutzung knapper Ressourcen" beschäftigen.

Ihre Empfehlungen werden mir bei den Verhandlungen Orientierung und Unterstützung sein. Ihre Empfehlungen werden in unsere Beratungen  einfließen!

Ein großes Team hat diese Konferenz erst möglich gemacht.
Ich danke dem Vorsitzenden Alexander Müller. Ich danke der Moderatorin Frau Tanja Busse. Ich danke den Moderatoren und Berichterstattern der Arbeitsgruppen. Ich danke allen Teilnehmer für die angeregte Diskussion im Abschlusspanel.
Besonders danken möchte ich FIAN und dem Forum Umwelt und Entwicklung für die inhaltliche Betreuung und Vorbereitung.
Dank auch an die Beratergruppe, die es mir nachsehen möge, wenn ich sie wegen ihrer Vielzahl nicht alle namentlich aufzähle.
Ich danke dem zuständigen Referat Welternährung meines Hauses für den unermüdlichen Einsatz.
Ich danke der BLE für die ausgezeichnete Organisation.
Nicht zu vergessen ist ein großes Dankeschön an die Dolmetscher, die dafür gesorgt haben, dass wir uns immer gut verstanden haben.
Und zum Schluss danke ich Ihnen allen für Ihre engagierte Teilnahme.
Bevor wir nun auseinander gehen, will ich Sie noch einmal herzlich bitten:

Setzen Sie sich für den erfolgreichen Abschluss der Freiwilligen Leitlinien beim CFS ein. Wie bei früheren Verhandlungen wird Deutschland wieder die Teilnahme der Zivilgesellschaft fördern.

Viele Menschen setzen große Hoffnungen auf Sie!

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